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Erzbischof Dr. Reinhard Marx im Münchner Gewerkschaftshaus

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München, den 01.10.2010

Erzbischof Dr. Reinhard Marx im Münchner Gewerkschaftshaus
„Ethik ist gar nicht so schwer“

Leiharbeit, Sparpaket, Sonntagsshopping – der „Runde Tisch München“ steckte mit Erzbischof Dr. Reinhard Marx bei dessen erstem Besuch im Münchner Gewerkschaftshaus gemeinsame Positionen zu aktuellen arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Fragen ab. Insgesamt 45 Vertreter aus Gewerkschaften, Betriebsräten und den arbeitsweltbezogenen Verbänden und Einrichtungen beider großer Kirchen nahmen an dem Gespräch teil.

Es stellte sich heraus, dass Kirche und Gewerkschaft in grundlegenden wirtschaftsethischen Perspektiven nicht weit voneinander entfernt liegen. Der Mensch und seine Arbeit habe Vorrang vor dem Kapital, referierte Erzbischof Marx und rügte die Politik: „Die Wirtschaft soll dem Menschen dienen, nicht umgekehrt. Doch die Tendenz in den letzten Jahren war zu fragen, wie sich die Menschen noch stärker an die Bedürfnisse der globalisierten Wirtschaft anpassen könnten.“

Vertreter der Münchner Gewerkschaften berichteten in der Runde von der rasanten Zunahme ungesicherter Arbeitsplätze in Münchner Industrie- und Dienstleistungsbetrieben. Ihre Forderung nach gleichem Lohn für Leiharbeiter fand die volle Unterstützung des Erzbischofs. Ebenso sprach sich Marx dafür aus, branchenspezifische Untergrenzen für Löhne zu ziehen. Zentraler als Mindestlöhne sei jedoch eine funktionierende Tarifautonomie, die armutsfeste Löhne gewährleiste. In einer starken und selbstbewussten Arbeiterbewegung sah er eine Bedingung für eine humane Gesellschaft.

Kritik übten Mitglieder des Runden Tisches München am aktuellen Sparpaket der Regierung, das auch für viele der 79.000 Münchner Empfänger von Arbeitslosengeld II empfindliche Einschnitte bringen werde. Die Milliardenrechnungen der Finanzkrise würden zu einem wesentlichen Teil von Familien bezahlt, die bereits unter der Armutsgrenze lebten. Dies kritisierte auch Marx. Neben einer gerechteren Verteilung der Sparlasten schlug er vor, wieder neu über die Einnahmenseite des Staates zu diskutieren.

Ein gemeinsames Anliegen aus christlicher wie gewerkschaftlicher Sicht ist der Schutz der Sonntagsruhe. In München hat sich zu diesem Thema eine kirchlich-gewerkschaftliche „Allianz für den freien Sonntag“ gebildet. Sonntagshopping, das bekräftigte im vergangenen Jahr auch das Bundesverfassungsgericht, ist mit dem Sonntagsschutz nicht vereinbar; Ausnahmen sind nur bei außerordentlichen öffentlichen Interesse zulässig. Erzbischof Marx unterstützte die Forderung des Runden Tisches München, die immer neuen Ausnahmen für Sonntagsöffnungen – wie aktuell für Münchner Souvenirgeschäfte vorgeschlagen – zu stoppen. „Unsere Gesellschaft benötigt den Sonntag. Sein Wert lässt sich nicht mit marktwirtschaftlichen Kriterien erfassen,“ so Marx. Er mahnte zugleich: „Der arbeitsfreie Sonntag wird auch in Zukunft Christen brauchen, die ihn lebendig gestalten.“

Der Theologe beeindruckte die anwesenden Gewerkschaftsvertreter mit profunden Fachkenntnissen in komplexen ökonomischen und sozialpolitischen Fragen. Er erinnerte in dieser Diskussion aber auch an eine einfache und bewährte ethische Orientierung: “Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst – Ethik ist gar nicht so schwer.“

Am „Runden Tisch München“ stehen Kirchen und Gewerkschaften seit 15 Jahren im kontinuierlichen Dialog. Organisatoren sind der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) und der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt der Evangelisch- Lutherischen Kirche (kda).

Ansprechpartner: Christoph Frey, DGB Regionsvorsitzender München Tel.: 089 / 51700 -102

 
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Kardinal Marx im Gewerkschaftshaus Diskussion
Kardinal Marx im Münchner Gewerkschaftshaus mit Diözesanpräses Charles Borg-Manché, dem DGB Vorsitzenden Christoph Frey und Philipp Büttner, wissenschaftl. Referent vom kda München
 


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