In den letzten Tagen haben sich kirchliche Verantwortungsträger öffentlich zu Wort gemeldet und persönliche Verantwortung eingeräumt. Kardinal Marx bat die Gläubigen, "die an der Kirche zweifeln, die den Verantwortlichen nicht mehr vertrauen können und in ihrem Glauben Schaden genommen haben" um Entschuldigung. Konkrete Schritte für die Betroffenen sollen eingeleitet, der synodale Weg vorangetrieben und rechtliche Konsequenzen sollen umgesetzt werden. Diese Entwicklung schätzen wir als KAB München und Freising positiv ein. Entscheidend wird nun sein, ob eine konsequente Hinwendung zu den Opfern gelingt und welche konkreten Maßnahmen und Ergebnisse die Erzdiözese ihren Erklärungen folgen lässt.
München, 25.01.2022. Zur Veröffentlichung des Gutachtens zu sexuellem Missbrauch im Erzbistum München und Freising erklären die Diözesanvorsitzende Hanne Möller und der Diözesanvorsitzender Hannes Kreller für den Diözesanvorstand der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB):
„Das Gutachten der Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl hat schlimmste Befürchtungen bestätigt. Besonders erschüttert uns der Unwille und die Unfähigkeit von aktuellen und früheren Verantwortungsträgern, persönliche Schuld einzugestehen und Verantwortung zu übernehmen. Den Bedürfnissen der Opfer und den lebenslangen Folgen sexuellen Missbrauchs wird dies in keiner Weise gerecht. Für die Institution Kirche, die christliche Werte in die Gesellschaft tragen möchte, sind die aktuellen Geschehnisse eine schwere Hypothek. Besonders auch für die vielen tausend ehrenamtlich und hauptamtlich Aktiven in der Amtskirche und in kirchlichen Verbänden und Organisationen, die sich immer öfter für ihr Engagement rechtfertigen müssen. Sie sehen sich nun aufs Neue Gewissenskonflikten bis hin zum Motivationsverlust und sogar Anfeindungen ausgesetzt.
Auch für die katholische Soziallehre, deren heilsame Kraft in Arbeitswelt und Gesellschaft wir aus eigener Erfahrung kennen, bedeutet dies eine Schwächung der Akzeptanz und Glaubwürdigkeit. Nichtsdestotrotz werden wir uns als KAB weiterhin vehement für sie einsetzen – und damit vor allem für die schwächeren und benachteiligten Mitglieder unserer Gesellschaft. Der Missbrauchsskandal wirft ein grelles Schlaglicht auf innerkirchliche Missstände, Versagen und Verfehlungen bis hin zur Mittäterschaft. Dennoch ist das Bild der Kirche nicht vollständig, wenn man nur diese dunkle Seite betrachtet. Das positive Engagement vieler Tausender steht dem entgegen. Wir sind fest überzeugt, dass die reformorientierten Menschen den reformunwilligen nicht die Bühne überlassen dürfen, indem sie aus der Kirche austreten. Unsere Verantwortung auch als Verband ist es, die Kirche von innen heraus zu erneuern.
Das Erzbistum muss nun umgehend den Empfehlungen der Anwaltskanzlei zur Aufarbeitung und Prävention des Missbrauchs folgen, sich schonungslos mit dem Leid der Opfer konfrontieren und deren Perspektive einnehmen. Täter und Mitwisser dürfen nicht länger auf Kosten der Opfer geschützt werden und müssen immer strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.“
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