Ausbeutung der Arbeitnehmer:
„Die Arbeiter dürfen nicht wie Sklaven angesehen und behandelt werden; ihre persönliche Würde...werde stets heilig gehalten;...unwürdig ist es, Menschen bloß zu eigenem Gewinne auszubeuten und sie nur so hoch anzuschlagen, als ihre Arbeitskräfte reichen.“ (Enzyklika „Rerum novarum“, Ziff. 16)
Wer hätte gedacht, dass diese päpstliche Botschaft zur Würde des arbeitenden Menschen in der Zeit der Industrialisierung heute im Jahr 2011 immer noch sehr aktuell ist. Denken wir dabei an die verschiedenen Formen von prekären Arbeitsverhältnissen – angefangen mit den 1,-€ Jobs über unbezahlte Praktika bis hin zur ausufernden Leiharbeit. Die IG-Metall hat in diesen Tagen die Ergebnisse einer von ihr initiierten Online-Umfrage bei Betriebsratsvorsitzenden zur aktuellen Situation von Leiharbeit und anderen Formen prekärer Beschäftigung veröffentlicht – und zwar mit einer Rücklaufquote von über 68% in Bayern. Dabei wurde festgestellt, dass nach 8 Monaten Aufschwung die Leiharbeit auf hohem Niveau bleibt. Mehr als zwei Drittel der Unternehmen richten sich mit Leiharbeit und Befristungen ein. Nur 30% der befragten Betriebe in Bayern verzichten auf Leiharbeit.
Lohnvereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern:
„Wenn also auch immerhin die Vereinbarung zwischen Arbeiter und Arbeitgeber, insbesondere hinsichtlich des Lohnes, beiderseitig frei geschieht, so bleibt dennoch eine Forderung der natürlichen Gerechtigkeit bestehen – die nämlich, dass der Lohn nicht etwa so niedrig sei, dass er einem genügsamen, rechtschaffenen Arbeiter den Lebensunterhalt nicht abwirft. Diese schwerwiegende Forderung ist unabhängig von dem freien Willen der Vereinbarenden. Gesetzt, der Arbeiter beugt sich – aus reiner Not oder um einem schlimmeren Zustande zu entgehen – den allzu harten Bedingungen, die ihm nun einmal vom Unternehmer auferlegt werden, so heißt das Gewalt leiden, und die Gerechtigkeit erhebt gegen einen solchen Zwang Einspruch.“ (Enzyklika „Rerum novarum“, Ziff. 34)
Angesichts dieser deutlichen Aussage: Wie hätte heute 120 Jahre danach Papst Leo XIII. die Vereinbarungen bzw. Tarifverträge zwischen manchen Betrieben und den christlichen Gewerkschaften wohl beurteilt?
Überforderungen der arbeitenden Menschen:
„Die Gerechtigkeit und die Menschlichkeit erheben Einspruch gegen Arbeitsforderungen von solcher Höhe, dass der Körper unterliegt und der Geist sich abstumpft. Wie im Menschen alles seine Grenzen hat, so auch die Leistungsfähigkeit bei der Arbeit, und über die Schranken des Vermögens kann man nicht hinausgehen. Die Arbeitskraft steigert sich freilich bei Übung und Anpassung, aber nur dann verspricht sie die wirklich zukömmliche Leistung, wenn zur rechten Zeit für Unterbrechung und Ruhe gesorgt ist.“ (Enzyklika „Rerum novarum“, Ziff. 33)
Diese päpstliche Aussage galt damals der körperlichen Kraft der Arbeiter bei der Verrichtung der schweren physischen Fabrikarbeit. Heute gilt sie aber genauso für die stark zunehmenden psychischen Belastungen in der Arbeitswelt, die beispielsweise bei Burn-Out oder Mobbing entstehen. Ich meine, als KAB sollten wir den Finger deutlich in diese psychischen Wunden legen, die vielen arbeitenden Menschen in der kommenden Zeit noch tiefer geschlagen werden.
Charles Borg-Manché, KAB-Diözesan- und Landespräses
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