Arbeiterinnen in der Textilproduktion. Foto: Public Domain Pictures/Pixabay.com
Am 09.02. will der Ministerrat über ein EU-Lieferkettengesetz abstimmen. Die wirtschaftsliberale Lobby aus Deutschland versucht, das Gesetz zu verhindern. Beobachtungen von KAB-Bundespräses Stefan Eirich zu „böser“ und „guter“ Bürokratie.
Von Stefan-Bernhard Eirich, Bundespräses der KAB Deutschlands
Die für kommenden Freitag in Brüssel anstehende Entscheidung über das EU-Lieferkettengesetz lässt den wirtschaftsliberalen Lobby-Populismus zur Hochform auflaufen. In Dauerschleife tönen die bekannten Allgemeinplätze von der „überbordenden Bürokratie“ und den „gravierenden Wettbewerbsnachteilen“. Ganz in der Linie klassischer Anti-EU-Ressentiments wird da ein Monster aufgeblasen und besungen, dass es im Namen der vermeintlichen wirtschaftspolitischen Vernunft zu bannen gilt.
Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass dieses Monster vor allem FDP-gelbe Heißluft enthält. An deren Adresse und an die ihrer Lobbyisten geht daher folgende Mitteilung: Es gibt richtig gute Bürokratie! Ja, viele als Schreckgespenster gehandelte Regulierungen haben sich längst als Schutzgeister erwiesen.
Gute Bürokratie nämlich verhilft Regeln zur Wirksamkeit, die Menschen vor der Profitgier der Unternehmen schützen, zum Beispiel beim Arbeits- und Verbraucherschutz. Was wäre, wenn es keine EU-weit gültigen Lenkzeiten für LKW-Fahrerinnen und -Fahrer gäbe? Was für menschenverachtende Zustände herrschen, wenn Spediteure selbst einfachste Vorgaben mit Füßen treten, haben die verzweifelten Proteste der Trucker an der Raststätte Gräfenhausen im vergangenen Jahr mehr als deutlich vor Augen geführt.
Warum aber sollte es nicht endlich auch weltweit solche „Schutzgeister“ geben? Die Katholische Arbeitnehmerbewegung erfährt durch ihre globale Vernetzung im Rahmen des World Movement of Christian Workers (WMCW) regelmäßig von massiven Verstößen gegen die Menschenrechte von Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeitern. Immer wieder erreichen sie Berichte über Kinderarbeit in Rohstoffminen und die Ausbeutung von für die europäische Textilindustrie schuftenden Frauen.
Für diese und viele andere Menschen stellt Die EU-Lieferkettenrichtlinie einen bedeutenden Schritt auf dem Weg zur Verbesserung ihrer Menschenrechtssituation dar. Eine Bürokratie, die dies unterstützt, darf nicht zum Totschlagargument verzerrt werden.
Selbstverständlich aber muss nach dem Zustandekommen des Brüsseler Beschlusses alles dafür getan werden, um die dafür notwendigen Regeln und Vorschriften in ihrer Umsetzung schlank und effektiv zu halten.
So werden dann hoffentlich all jene Lügen gestraft, die mit einem Scheinmonster den längst fälligen Paradigmenwechsel in der Unternehmensverantwortung verhindern wollen. Eine Allianz aus europäischen Konzernen von Aldi über Ikea bis hin zu Unilever und Hapag-Lloyd geht mit gutem Beispiel voran und begrüßt die EU-Regelung ausdrücklich. Sie und eine wachsende Anzahl von Mittelständlern und Großunternehmen kennen eben den Unterschied zwischen guter und böser Bürokratie.
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